Die Mutprobe by Lercher Lisa

Die Mutprobe by Lercher Lisa

Autor:Lercher, Lisa [Lercher, Lisa]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi/Thriller
Herausgeber: Haymon Verlag
veröffentlicht: 2014-07-25T22:00:00+00:00


13

„Ihr solltet den Brief der Polizei übergeben.“ Mia streicht das Papier glatt. „Die haben in solchen Angelegenheiten weitaus mehr Erfahrung. Die können besser einschätzen, wie ernst man so ein Schreiben nehmen muss.“

„Was heißt ernst nehmen? Ein Kind ist verschwunden.“ Sabine schüttelt ungehalten den Kopf.

Mia schweigt.

„Was glaubst du, was passiert, wenn wir den Oberschulrat als Kinderschänder hinstellen?“ Leonhard klingt aufgebracht. „Und dann erst die Leute, was werden die sagen?“

„Das wird sicher eine Menge Staub aufwirbeln“, überlegt Mia.

„Staub?“, spottet Leonhard. „Wenn das aufkommt und dann nichts dahinter ist, können wir zusammenpacken und auswandern. Da haben wir im Ort ausgeschissen.“

„War schon nicht einfach, als ich mit dem Leo ins Dorf gekommen bin“, fügt Melina hinzu.

„Wieso?“

Ist Mia wirklich so naiv?

„Na, was glaubst du, wie es ist, wenn da einer mit einer Ausländerin aufkreuzt?“ Leonhard schubst das Gulasch von sich. Der Saft schwappt über den Tellerrand. „Sie haben es der Meli nicht gerade leicht gemacht. Es hat Jahre gedauert, bis man sie einigermaßen akzeptiert hat und du wirst es nicht glauben, selbst heute noch gibt es Leute, die lieber nichts mit ihr zu tun haben wollen.“ An seiner rechten Schläfe ist das Pochen seines Pulses sichtbar.

Sabine spielt mit dem Griff ihrer Gabel. „Neuankömmlinge haben es immer schwer, in so kleinen Ortschaften.“

„Ausländer extra.“ Leonhard wischt den Saft mit einer Serviette auf. „Außerdem haben wir mit unserer Biolandwirtschaft auch noch Hürden nehmen müssen. Heute ist das leichter, da sind etliche auf diesen Zug aufgesprungen, als sie gemerkt haben, dass sich Bioprodukte ganz gut verkaufen. Noch dazu jetzt, wo die landwirtschaftlichen Fördermittel immer mehr in andere EU-Länder gehen. Aber am Anfang haben wir ganz schön zu beißen gehabt.“

„Ich versteh’ schon.“

Leonhard greift nach dem anonymen Brief. „Drecksbrief.“

„Was ist, wenn was dran ist an der Anschuldigung?“ Sabine hat die Gabel zur Seite gelegt. „Was ist, wenn das Verschwinden vom Max wirklich was mit dem Körbler zu tun hat? Machst du dir dann nicht ewig Vorwürfe, wenn du nichts unternommen hast?“ Sabines Argumente sind vernünftig. Sie kennt Leonhards Schwachstellen.

Leonhard stützt die Ellenbogen auf den Tisch und legt seine Hände in den Nacken.

„Wahrscheinlich“, stöhnt er nach einer Weile.

Es klopft an der Küchentür. Sabine fährt zusammen. Einen passenderen Moment hätte sich der Besucher kaum aussuchen können.

Klaus steckt den Kopf herein. „Stör’ ich?“

„Komm rein“, antwortet Leonhard und deutet auf einen Stuhl.

„Ich hab’ mich gewundert, wo du bist.“ Klaus setzt sich auf den angebotenen Sessel. „Die Polizeischüler sind da und suchen das Gelände hinter dem See, dort wo der Wald anfängt, ab.“

„Glauben sie immer noch, dass er da irgendwo in der Nähe ist?“ Mia nimmt sich ein Glas aus der Kredenz und dreht den Wasserhahn auf. Sie fühlt sich anscheinend in Melinas Küche schon ganz zu Hause. „Magst du auch eines? Oder lieber ein Bier?“

„Ein Bier? Gern.“

Melina stützt sich schwer auf die Tischplatte, als sie aufsteht, um das Bier für Klaus zu holen.

„Hab’ ich euch gerade bei etwas gestört?“

„Was hältst du vom Körbler?“, fragt Leonhard seinen Schulfreund unvermittelt. Er faltet den Brief vor sich und legt ihn zur Seite.

Sabines Hände beginnen leicht zu zittern. Hoffentlich nimmt der den Körbler nicht auch noch in Schutz.



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